Der Mensch und seine Symbole (Teil 2)
von Robert Bozic
In diesem zweiten Teil möchten wir uns mit der Wirkungsweise von Symbolen auf die menschliche Psyche befassen. Halten Sie sich fest, es wird ein wilder Ritt!
Dies ist ein Gemälde von Margritte, es heißt „La trahison des images“. Die französische Inschrift bedeutet übersetzt „Dies ist keine Pfeife“. Und es ist wirklich keine Pfeife, es ist das Bild einer Pfeife. Moment, das ist nicht ganz richtig, es ist kein Bild von einer Pfeife sondern eine Zeichnung eines Bildes von einer Pfeife. Nést- ce pas?
Nein, wieder falsch. Eigentlich ist es eine digitale Reproduktion einer Zeichnung eines Bildes einer Pfeife....
Haben Sie gehört was ich gesagt habe?
Ja?
Komisch, denn ich habe gar nichts gesagt!
Im Rahmen dieses Textes verwende ich das Wort „Symbol“ als Ausdruck für ein Zeichen, das für eine Person, einen Ort, eine Sache oder eine Idee steht. Wir unterscheiden drei Kategorien: zuerst das Emblem (dazu gehört auch das Firmenlogo) das für Sinnbilder, Begriffe, Systeme oder Ideologien benutzt wird. Dann kommen die Symbole der Sprache, der Wissenschaft und der Kommunikation – eben Symbole des praktischen Gebrauches. Und schließlich die Symbole, die man Bilder nennt: Zeichen, die dem Gegenstand, den sie darstellen, ähnlich sehen sollen. Dabei bestimmt der Grad der Ähnlichkeit den symbolischen Gehalt, oder um es etwas unbeholfen auszudrücken: manche Bilder sind eben symbolischer als andere.
Bei den nichtbildlichen Symbolen ist die Bedeutung unveränderlich und eindeutig. Da sie abstrakte Inhalte bezeichnen, hat ihre Form keinen Einfluss auf ihre Bedeutung.
Bei Bildern hingegen ist die Bedeutung nicht fixiert und variiert in Abhängigkeit von der Form.
Im Gegensatz zu den Symbolen der Schrift, sind die Symbole des Bildes universell, man könnte sagen je „symbolischer“ ein Gesicht ist, desto mehr Menschen stellt es dar.
Die Tatsache, dass unser Gehirn dazu fähig ist aus zwei Punkten und einem Strich ein Gesicht zusammenzusetzen ist schlichtweg unglaublich! Aber noch unglaublicher ist der Umstand, dass wir gar nicht anders können, als darin ein Gesicht zu sehen. Unser Gehirn zwingt uns dazu!
Wir Menschen sind eine egozentrische Rasse, in allem sehen wir uns selbst, wir sehen menschliche Emotionen wo keine sind und gestalten die Welt nach unserem Ebenbild.
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Gespräch mit einem anderen Menschen, Sie sitzen sich gegenüber und können den anderen in allen Einzelheiten betrachten. Sie sind sich aber beide auch ständig Ihres eigenen Gesichtes bewusst, aber dieses geistige Bild ist nicht annähernd so deutlich; es ist nur eine grobe Skizze, ein vages Gefühl der Form und ungefähren Anordnung. Etwas so Einfaches und Grundlegendes wie ein Symbol.
Wenn man also ein Foto oder eine realistische Zeichnung eines Gesichtes vor sich hat, sieht man daher immer das Gesicht eines anderen. In der Welt der Symbole sehen wir uns selbst.
Das ist wohl auch die primäre Ursache der Faszination, die Cartoons auf Kinder ausüben. Der Cartoon ist wie ein schwarzes Loch, in das unser Ich, unser Bewusstsein hineingezogen wird, eine leere Hülle in die wir schlüpfen und die es uns ermöglicht, uns in einer anderen Welt zu bewegen.
Nur so nebenbei: der große Marshall McLuhan hat eine ähnliche, non-visuelle Form der Interaktion des Menschen mit leblosen Gegenständen ausgemacht. Beim Autofahren zum Beispiel, nehmen wir viel mehr wahr als das, was unsere fünf Sinne uns melden. Wir haben zu jeder Zeit das ganze Auto im Kopf. Nicht nur die Teile, die wir sehen, fühlen und hören. Das Fahrzeug wird zu einer Erweiterung unsers Körpers. Wenn zwei Wägen dann zusammenstoßen, dann wird der Fahrer des gerammten Wagens sehr wahrscheinlich sagen „der hat mich gerammt“ anstatt „er hat mein Auto gerammt“ oder besser „sein Auto hat mein Auto gerammt“.
Tag für Tag umhüllen wir unser Ich mit diesen leblosen Gegenständen. Unsere Kleidung zum Beispiel kann im Hinblick auf das Bild, das andere von uns haben, aber auch auf das Bild, das wir selbst von uns haben, enorme Verwandlungen auslösen. Metallteile werden zu Händen, Glasstücke zu Augen, in jedem dieser Fälle dehnen wir unsere Wahrnehmung und schließen das Objekt in unser Ich ein.
Wir leben heute in einer zunehmend symbolorientierten Kultur und das Internet hat einen großen Teil dazu beigetragen - oder haben Sie sich noch nicht gefragt, was die Kids heutzutage meinen, wenn sie OMG, AFK oder WTF sagen? Dieser neue bildhafte Code aus unserem digitalen Zeitalter hat es in unseren allgemeinen Sprachgebrauch geschafft und ein Ende ist nicht in Sicht!
Nächstes Mal: Induktion oder die alte Frage: Wenn ein Baum im Wald umstürzt und keiner da ist um zu hören, gibt es dann überhaupt ein Geräusch?
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